Was sind übersetzungsgerechte Texte –
und wie sinnvoll sind sie?
Sie müssen einen Auftrag erledigen, fühlen sich inspiriert und sind bereit, sich hinzusetzen, um neue Inhalte zu erstellen? Denken Sie beim Schreiben bereits an die Übersetzung, die später von Ihrem Text gemacht wird, oder kommt diese Überlegung erst danach – wenn Ihr Text geschrieben, überarbeitet und fertiggestellt wurde? Ob Sie es glauben oder nicht: Ihre Antwort auf diese Frage hat eine direkte Auswirkung auf die endgültige Fassung Ihrer Texte und auf die Übersetzungen.
Was bedeutet «übersetzungsgerecht»?
Beim Verfassen eines übersetzungsgerechten Textes wird berücksichtigt, dass der Text zu einem späteren Zeitpunkt mittels einer Humanübersetzung oder einer maschinellen Übersetzung in eine Fremdsprache übertragen werden wird. Übersetzungsgerechtes Schreiben bedeutet auch, den Text bewusst so vorzubereiten, dass dieser Prozess möglichst reibungslos verläuft. Diese Methode kann gerade dann besonders nützlich sein, wenn Sie eine maschinelle Übersetzung und Post-Editing einsetzen möchten.
Was gilt es zu beachten, um einen übersetzungsgerechten Text zu verfassen? Es gibt viele Möglichkeiten, um die zukünftige Übersetzung bereits beim Schreiben des Textes zu berücksichtigen. Nachfolgend einige Beispiele:
- Setzen Sie beim Schreiben auf Klarheit: Versuchen Sie, übermässig lange und komplexe Sätze zu vermeiden, damit Ihre Botschaft klar und leicht zu verstehen ist. Daran erkennt man nicht nur gute Schreibpraxis, sondern so erhalten die Übersetzer*innen auch mehr Freiheit, um den Textinhalt in ihrer Muttersprache klar und natürlich zu formulieren, ohne die Herausforderung, den Ausgangstext erst mal entschlüsseln zu müssen. Dadurch steigt zudem die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer maschinellen Übersetzung die beabsichtigte Bedeutung korrekt wiedergegeben wird.
- Vermeiden Sie die bekannten Stolpersteine: Redewendungen sowie allzu blumige und komplizierte Formulierungen sind bekanntermassen schwierig zu übersetzen. Zudem erhöhen sie die Möglichkeit, dass sich die Übersetzung anders liest als der Originaltext, da die beabsichtigte Doppeldeutigkeit, Metaphorik und Ausdrucksweise in der Übersetzung möglicherweise nicht wie gewünscht wiedergegeben werden kann. Das stellt gerade für Maschinen eine besondere Herausforderung dar, da diese tendenziell wörtlicher übersetzen als Humanübersetzer*innen.
- Schaffen Sie eindeutige und logische Zusammenhänge: Sie sind die Fachperson auf Ihrem Gebiet und schreiben Ihren Text auch als solche. Das bedeutet, dass jemand, der nicht denselben Hintergrund hat wie Sie, auch nicht zwangsläufig gleich denkt wie Sie und beim Herstellen der Zusammenhänge möglicherweise etwas Hilfe braucht. Die Verwendung von Bindewörtern wie «deshalb», «jedoch» und «ausserdem» ist somit unerlässlich, um die Leser*innen durch den Text zu führen und sicherzustellen, dass auch die Übersetzer*innen Ihren Gedankengängen folgen können. Übersetzer*innen fügen solche Bindewörter bei Bedarf oft selbst an geeigneter Stelle ein. Wenn sie aber bereits im Text vorhanden sind, dienen sie den Sprachexpert*innen als nützliche Wegweiser. Ausserdem können bei maschinellen Übersetzungen keine Elemente hinzugefügt werden, die nicht bereits im Ausgangstext vorhanden sind.
- Haben Sie keine Angst vor Trennungen: Wenn Sie Ihren Text in verschiedene Abschnitte gliedern, sind Ihre Standpunkte klarer und Sie können genau aufzeigen, welche Informationen sich auf welches Thema beziehen. Dadurch wird auch deutlich, wann Sie weitere Informationen zu einem bestimmten Punkt hinzufügen müssen, was die Gefahr von Missverständnissen verringert. Kontext ist das A und O und die Gliederung Ihres Textes in verschiedene Abschnitte liefert klare Anhaltspunkte, die deutlich machen, wann Sie einen bestimmten Standpunkt ausführen oder aber ein neues Thema einführen.
- Überprüfen Sie Ihre Texte auf Fehler oder Lücken: Sie erhalten klarere, präzisere und weniger fehlerhafte Texte, wenn Sie sich beim Verfassen genügend Zeit nehmen oder sogar Zeit für ein Lektorat einplanen. Das reduziert das Risiko, dass sich versehentlich Tippfehler in Personen- und Produktnamen einschleichen, nach dem Umformulieren von Abschnitten überflüssige Wörter stehen bleiben oder Gedankengänge im Text auftauchen, die nicht zu 100 % sinnvoll sind oder mit einer späteren Textstelle im Widerspruch stehen.
Fragen Sie sich jetzt, warum Übersetzer*innen sich nicht einfach um alle diese Punkte kümmern können? Die kurze Antwort lautet: Sie können es. Übersetzer*innen beherrschen ihre Arbeitssprachen perfekt, verstehen sich darauf, in ihrer Muttersprache zu schreiben und zwischen den Zeilen zu lesen, um genau das zu vermitteln, was Sie sagen wollen, ohne dass Sie es genau erklären müssen. Die ausführlichere Antwort lautet jedoch: Manche Texte sind herausfordernder als andere. Je nachdem, welche Art von Text Sie schreiben (geht es nur darum, Ihre Mitarbeitenden über den neuen Automaten in der Kantine zu informieren oder wollen Sie einen neuen Kunden vom Kauf eines neuen, teuren Produkts überzeugen?), kann es manchmal sinnvoll sein, die Dinge zu vereinfachen – sei es für die Zielleserschaft, die Übersetzer*innen oder auch für die Leser*innen der übersetzten Texte. Wir dürfen aber vor allem eines nicht vergessen: Heutzutage werden nicht alle Übersetzungen von Menschen erstellt.
In unserem Blogbeitrag «Irren ist nicht nur menschlich – die häufigsten Fehlerarten beim Posteditieren maschinell erstellter Übersetzungen» haben wir einige Bereiche aufgezeigt, die in Bezug auf maschinelle Übersetzungen noch Verbesserungspotenzial haben. Es ist nicht nur von entscheidender Bedeutung, dass die Post-Editor*innen (also Übersetzer*innen, die maschinelle Übersetzungen überarbeiten) wissen, worauf sie achten müssen, sondern auch, dass die Verfasser*innen der ursprünglichen Texte, die Fähigkeiten und Grenzen der Maschine mitberücksichtigen. Je übersetzungsgerechter Texte sind, desto besser fällt in der Regel die maschinelle Erstübersetzung aus, sodass sich die Post-Editor*innen auf andere Aspekte der Arbeit konzentrieren können, was wiederum die Bearbeitungszeit verkürzt.
Indem Sie beim Verfassen Ihres Textes die Anforderungen der maschinellen Übersetzung im Hinterkopf behalten, leisten Sie einen aktiven Beitrag zu präziseren Übersetzungen. Durch das Entfernen von Tipp- und inhaltlichen Fehlern stellen Sie ausserdem sicher, dass diese in der Übersetzung nicht übernommen werden. Wenn Sie den Ausgangstext mit Erläuterungen oder Kontext versehen, werden diese Elemente auch in der maschinellen Übersetzung enthalten sein. So helfen Sie Ihrer neuen Zielgruppe, die Zusammenhänge zu verstehen. Und wenn Sie sich dazu auch noch Gedanken über Ihren Schreibstil und Ihre Ausdrucksweise machen, liefern Sie die besten Voraussetzungen dafür, dass Sie eine maschinelle oder eine Humanübersetzung erhalten, die den Inhalt Ihres Textes genau auf den Punkt bringt.
Was spricht dafür, das oben Genannte gleich wieder zu vergessen?
Genau wie bei der Frage, ob Post-Editing maschinell erstellter Übersetzungen für Sie die richtige Wahl ist oder ob Sie nicht lieber eine Humanübersetzung möchten, sollten Sie auch bei der Entscheidung, ob Sie Ihren Text frei oder mit Blick auf die spätere Übersetzung verfassen wollen, ein paar Faktoren berücksichtigen.
Wenn Ihr Text relativ einfach ist und hauptsächlich für Informationszwecke oder für den internen Gebrauch bestimmt ist, kommt es vor allem darauf an, eine klare Botschaft zu haben und diese möglichst schnörkellos zu vermitteln. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, beim Schreiben den späteren Übersetzungsprozess im Hinterkopf zu behalten, damit die Übersetzung schnell, präzise und ohne Rückfragen fertiggestellt werden kann, sodass auch eine maschinell erstellte Übersetzung infrage kommt, um Kosten zu sparen.
Wenn Sie hingegen kreativ sein und eine lebendige Bildsprache verwenden oder detailreiche Geschichten erzählen möchten – beispielsweise zur Erstellung von Content für Marketingzwecke, Website-Inhalte, Advertorials usw. –, bevorzugen Sie es wahrscheinlich, freie Hand zu haben und Ihre künstlerische Freiheit voll auszuschöpfen. In diesem Fall würden Sie Ihrem Text und seinem Verwendungszweck einen Bärendienst erweisen, wenn Sie Ihren Schreibstil ändern würden. Hier empfiehlt sich deshalb eine Fachübersetzung. Dabei sollten Sie darauf vertrauen, dass Ihre Übersetzungsagentur die richtige Fachperson für Sie organisiert.
Die oben aufgeführten Tipps können dazu beitragen, den Übersetzungsprozess einfacherer Texte zu beschleunigen, indem diese leicht lesbar und verständlich geschrieben werden, wodurch sie sich auch für maschinelle Übersetzungen eignen. Beim Verfassen komplexerer Texte hingegen sollten Sie sich ausschliesslich auf Ihren Schreibstil konzentrieren – was sich natürlich auch in der anschliessenden Übersetzung widerspiegelt. Das mag die Übersetzung Ihres Textes schwieriger gestalten, aber es geht nichts über einen guten, geistig anregenden Text, damit Übersetzer*innen ihrer Kreativität freien Lauf lassen können. Ein gut geschriebener, kreativer Text ist eine grossartige Möglichkeit, Übersetzer*innen geistige Nahrung zu geben, in die sie sich vertiefen können, und die sie dazu anspornt, sich in der Zielsprache originelle Lösungen einfallen zu lassen. Die Arbeit am Text macht dadurch so viel Spass, dass dabei ganz automatisch eine einwandfrei geschriebene Übersetzung entsteht, die es mit dem Originaltext aufnehmen kann.
Ist es denn nun sinnvoll, einen übersetzungsgerechten Text zu verfassen?
Es gibt keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Es hängt von Ihren Texten, deren Verwendungszweck und der Art und Weise ab, wie Sie als Einzelperson oder als Unternehmen arbeiten. Stellen Sie einfach sicher, dass Sie alle oben genannten Tipps und Anregungen abwägen, um herauszufinden, was in der jeweiligen Situation die beste Wahl für Sie ist. Wenn Sie sich nicht sicher sind oder eine zweite Meinung einholen möchten, steht Ihnen das Team der ARGUS Sprachmanufaktur jederzeit gerne beratend zur Verfügung.