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Muttersprache

Es ist wie das Yin und das Yang:
Tipps zum Erhalt der Muttersprache

Auf den ersten Blick mag der Titel dieses Textes ein wenig verblüffend erscheinen. Was meinen wir mit «die Muttersprache erhalten»? Ist mit der Muttersprache nicht die Sprache gemeint, die wir sprechen, seit wir reden können? Damit liegen Sie goldrichtig. In diesem Beitrag erfahren Sie, warum es wichtig ist, Ihre Muttersprache gut zu pflegen. 

Wenn es um das Erlernen von Sprachen geht, liegt das Hauptaugenmerk meist auf der Fremdsprache. Habe ich das richtig konjugiert? Gibt es diesen Ausdruck auch in der Fremdsprache? Habe ich gerade aus Versehen das falsche Wort benutzt und dadurch unabsichtlich jemanden beleidigt? Das sind alles durchaus berechtigte Fragen – und wenn Sie beginnen, eine neue Sprache zu lernen, sollten Sie tatsächlich als Erstes auf diese Dinge achten. Sobald Sie jedoch ein gewisses Niveau erreicht haben und Ihre Fremdsprache – am Arbeitsplatz oder in der Freizeit – häufig im Alltag anwenden, nimmt der Sprachlernprozess eine neue Form an. Dieser Lernprozess ist zwar nie wirklich abgeschlossen (und das ist das Schöne daran!), aber Sie werden zu gegebener Zeit feststellen, dass Sie vom Lernenden zum Sprechenden Ihrer Fremdsprache geworden sind. Wenn Sie jetzt neue Wörter und Wendungen lernen, fragen Sie nicht mehr: «Wie sage ich X in meiner Fremdsprache», sondern: «Wie würde ich X in meiner Muttersprache ausdrücken?» Je nachdem, wo Sie Ihre Sprachen anwenden, kann es sein, dass Sie in bestimmten Situationen bisher ausschliesslich Ihre Fremdsprache und nicht Ihre Muttersprache verwendet haben (sollte man «yours faithfully» oder «yours sincerely» verwenden? Normalerweise schreibt man im Deutschen einfach «Freundliche Grüsse» und fertig!). In einem mehrsprachigen Land wie der Schweiz ist es ganz normal, dass man ab und zu Denglisch oder Franglais (gibt es auch Freutsch?) hört. Dieser Schmelztiegel der Sprachen ist wunderbar, weil dabei eine so vielfältige Mischung aus Kulturen und Sprachen entsteht. Und er veranschaulicht, dass Kommunikation immer einen Weg findet – egal, in welcher Sprache. Allerdings ist es nicht das, was Sie sich für Ihre Übersetzungen wünschen.

Häufig hört man Fragen wie: «Beherrschen Ihre Übersetzerinnen und Übersetzer ihre Fremdsprache gut genug?», oder: «Haben die Übersetzerinnen und Übersetzer auf diesem Gebiet Erfahrung in ihrer Fremdsprache?» Während der Frage, wie gut ein Übersetzer seine Zielsprachen beherrscht, viel Bedeutung beigemessen wird, vergisst man oft, die gleiche Frage auch in Bezug auf die Muttersprache des Übersetzers oder der Übersetzerin zu stellen. Doch warum? Natürlich sind solide Kenntnisse der jeweiligen Arbeitssprachen absolut unerlässlich. Es ist entscheidend, die Nuancen und Feinheiten der Sprache zu kennen, aus der sie übersetzen, um wirklich zu verstehen, was gesagt wird, wie es gesagt wird und aus welchem Grund es überhaupt gesagt wird. Und das gelingt nur, wenn sie ihre Fremdsprachen gut beherrschen. Das ist selbstverständlich und eine Grundvoraussetzung, die unsere Übersetzerinnen und Übersetzer natürlich erfüllen müssen.

Aber treten wir kurz einen Schritt zurück und stellen uns eine andere, aber ebenso wichtige Frage: In welcher Sprache muss der Text geschrieben werden?

Für Übersetzerinnen und Übersetzer ist es unerlässlich, dass sie ihre Muttersprache ebenso hervorragend beherrschen wie ihre Fremdsprache. Schliesslich ist das die Sprache, in der sie schreiben, in die sie übersetzen. In dieser Sprache übermitteln sie die Botschaft des Kunden und sprechen dessen Zielgruppe an. Für Übersetzerinnen und Übersetzer ist es daher entscheidend, auch in die Pflege und Verbesserung ihrer Muttersprache zu investieren und sich über die Entwicklungen in ihrer Erstsprache auf dem Laufenden zu halten. Diese Punkte mögen nach Kleinigkeiten aussehen, aber Ihre Leserinnen und Leser könnten daran erkennen, dass es sich um eine Übersetzung handelt – und eigentlich besteht Ihre Aufgabe ja darin, dafür zu sorgen, dass sich ein Text wie die Originalfassung liest. Übersetzerinnen und Übersetzer sind sozusagen die unsichtbaren Partner in diesem Prozess. Ihre Fremdsprache ist ihre Qualifikation und ihre Muttersprache ihr Werkzeug. Deshalb müssen sie dafür sorgen, dass ihre Erstsprache in Topform bleibt. Hier sind vier Tipps unserer Übersetzerinnen und Übersetzer, wie Sie Ihre Muttersprache auf dem neuesten Stand halten können.

1. Sprechen, zuhören, lesen, zuschauen

Das erscheint vielleicht logisch, aber wenn Sie häufig von Menschen umgeben sind, die für Sie eine Fremdsprache sprechen – oder von Nicht-Muttersprachlern, die Ihre Muttersprache sprechen – kann es sein, dass Sie sich dabei ertappen, Ausdrücke oder Wendungen zu benutzen, die vielleicht nicht ganz so natürlich klingen, wie sie sollten. Man befindet sich schnell einmal «in the train» statt «on the train», wenn man sich normalerweise auf Deutsch über dieses Thema unterhalten würde, wo man «im Zug» sagt. Viele Leute, die eine Fremdsprache lernen, sind so darauf konzentriert, in ihre Zielsprache einzutauchen, dass sie es möglicherweise versäumen, sich auch ihrer Muttersprache zu widmen. Haben Sie also kein schlechtes Gewissen, wenn Sie ein neues Buch oder eine neue Fernsehserie in Ihrer Muttersprache lesen bzw. schauen, obwohl Sie das Gefühl haben, dass Sie Ihre Fremdsprache üben sollten – für Übersetzerinnen und Übersetzer ist es genauso wichtig, sich um ihre Muttersprache zu kümmern. Ausserdem bleiben Sie über aktuelle Entwicklungen in Ihrer Muttersprache auf dem Laufenden, wenn Sie die Nachrichten in Ihrer Erstsprache schauen oder lesen, und können neue Wörter oder Fachbegriffe, die im Umlauf sind, im Auge behalten – so treffen Sie in Ihren Texten auf jeden Fall den Nerv der Zeit. Dies war während der Pandemie besonders wichtig, da neue Begriffe auftauchten und es in verschiedenen Sprachen – teilweise sogar in verschiedenen Ländern, in denen dieselbe Sprache gesprochen wird – unterschiedliche Präferenzen für die Bezeichnung derselben Dinge gab.

2. Behandeln Sie Ihre Muttersprache wie eine Fremdsprache

Auf Basis von Punkt 1 ist es möglich, noch einen Schritt weiterzugehen. Die passive Auseinandersetzung mit Ihrer Muttersprache ist gut, aber noch besser ist es, wenn Sie Ihre Erstsprache auch aktiv nutzen! Wir behandeln unsere Muttersprache – aus naheliegenden Gründen – oft anders als eine Fremdsprache. Aber was, wenn wir in Bezug auf unsere Muttersprache einen neuen Ansatz wählen würden? Wenn Sie zum Beispiel in einem Gespräch oder beim Anschauen eines Films in Ihrer Muttersprache einem Wort begegnen, das Sie nicht kennen – notieren Sie es sich und schlagen Sie es später nach, um so Ihren Wortschatz zu erweitern und beim Übersetzen eine grössere Vielfalt an Auswahlmöglichkeiten zu haben. Und wenn Sie auf eine grammatikalische Struktur stossen, von der Sie glauben, sie einem Nicht-Muttersprachler nur schwer erklären zu können, sollten Sie im Internet recherchieren, um mehr darüber zu erfahren und in Bezug auf Ihre Schreib- und Lektoratskompetenz sicherer zu werden. Es gibt zahlreiche Ressourcen, die Erklärungen und Beispiele liefern, und mit deren Hilfe Sie Ihre aktuellen Kenntnisse festigen und erweitern können. Ausserdem könnten Sie es sich auch zur Gewohnheit machen, sich schöne Sätze und interessante Redewendungen zu notieren, die Sie später gerne anwenden würden!

3. Holen Sie Feedback ein

Das aktive Einholen von Feedback zu Ihren Übersetzungen ist eine hervorragende Möglichkeit, um Ihre muttersprachlichen Fähigkeiten zu verbessern. Das Vier-Augen-Prinzip (bei dem eine andere Übersetzerin oder ein anderer Übersetzer Ihre Übersetzung Korrektur liest) ist eine grossartige Möglichkeit, neue Ideen für die Übersetzung kniffliger Wendungen zu bekommen, Ihren Wortschatz zu erweitern und zu sehen, wie derselbe Inhalt in einem anderen Schreibstil sprachlich umgesetzt werden kann. Das soll nicht heissen, dass Ihre ursprüngliche Übersetzung die gewünschten Anforderungen nicht erfüllt – Sie bekommen vielmehr einen Einblick, wie man den Text an einigen Stellen hätte anders formulieren können. Dadurch erhalten Sie auch die Gelegenheit, Ihre Arbeit kritischer zu betrachten – mit dem Ziel, Ihren Schreibstil in Ihrer Muttersprache zu verbessern. Wenn Sie wissen, dass Ihr Text lektoriert wurde, kontaktieren Sie uns ruhig, um Einsicht in die Änderungen zu erhalten. Vielleicht sind Sie nicht von allen Änderungen begeistert, aber man kann viel lernen, wenn man denselben Text aus der Sicht einer anderen Person betrachtet!

4. Bleiben Sie neugierig

Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie oft an denselben Themen arbeiten. Daher ist es gut, wenn Sie sich bei Ihren Recherchen auch mal so richtig in ein Thema vertiefen. Dadurch erlangen Sie nicht nur ein fundierteres Wissen im jeweiligen Themenbereich, sondern Sie lernen auch neue Fachausdrücke aus dem übergeordneten Fachgebiet kennen. Ganz allgemein ergibt sich bei der Recherche von Übersetzungen, Definitionen oder Synonymen oft die Möglichkeit, weitere verwandte Begriffe zu finden, die später nützlich sein könnten. Viele Wörterbücher haben ein Wort des Tages, und obwohl diese Ausdrücke oft etwas merkwürdig sind, bieten sie Übersetzerinnen und Übersetzern eine gute Gelegenheit, um ihre Neugier zu befriedigen. Klicken Sie bei der Recherche auch auf ein paar zusätzliche Artikel oder Links – Sie werden erstaunt sein, welche Infos man da findet!

Mit diesen Tipps und denen aus unserem Blog Sie wollen auf eigene Faust eine neue Sprache lernen? Diese fünf Tipps von Sprachprofis helfen Ihnen dabei! können Sie sicherstellen, dass Sie in Höchstform sind und sowohl Ihre Fremdsprache als auch Ihre Muttersprache bestens beherrschen.

Feilen Sie auch immer wieder an Ihrer Muttersprache? Welche Tipps und Tricks finden Sie besonders hilfreich? Kommentieren Sie unseren Post und teilen Sie diese mit uns!