Künstliche Intelligenz: Wie können Sie etwas schätzen lernen, das womöglich Ihren Job bedroht?
Wenn Sie selbst in der Übersetzungsbranche arbeiten oder Sprachdienstleistungen in Anspruch nehmen, dürfte Ihnen der folgende Gedanke sicher schon einmal gekommen sein: Werden wir in Zukunft noch menschliche Übersetzungskräfte brauchen? Der Aufstieg der künstlichen Intelligenz (KI) und der maschinellen Übersetzung (MT) hat uns alle zum Nachdenken gebracht.
Wie bei jedem bedeutenden technologischen Fortschritt gibt es Menschen, die Neuerungen sehr offen gegenüberstehen und kurzerhand annehmen. Andere wiederum zögern, den Sprung zu wagen – vor allem, wenn sie befürchten, irgendwann durch genau diese neue Technologie ersetzt zu werden. Wie können wir die beiden Pole miteinander versöhnen, um sowohl für unsere Kundschaft als auch für uns selbst so viele Vorteile wie möglich aus den Entwicklungen zu ziehen? Und wie können wir gleichzeitig die Bedenken derjenigen zerstreuen, die von diesen Veränderungen betroffen sein könnten?
Als Sprachdienstleister beschäftigen wir uns tagtäglich mit diesen Fragen. Diesen Sommer haben wir zusammen mit Women in Localization Switzerland Chapter eine Podiumsdiskussion über den Einsatz von KI in der Übersetzungsbranche veranstaltet. Das Thema ist für uns besonders relevant, da schon unser Name, ARGUS Sprachmanufaktur, besagt, dass sich unser Hauptaugenmerk auf eine qualitativ hochwertige, massgeschneiderte und persönliche Dienstleistung richtet. Ist es möglich, unserem Namen gerecht zu werden und uns gleichzeitig auf technologische Neuerungen einzulassen?
Definitiv.
Wir sind ein Knotenpunkt, an dem viele Interessengruppen zusammentreffen. Daher befinden wir uns in einer privilegierten Position, um die Debatte mitzugestalten und unser Know-how zu nutzen und die Menschen in unserem Umfeld zu beraten. Unser Schwerpunkt liegt auf der Bereitstellung persönlicher, individueller Dienstleistungen – eine Eigenschaft, die mit der zunehmenden Verlagerung hin zu MT noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Daher sind wir bereits heute gut darauf vorbereitet, diese neue Rolle als Beraterin unserer Kundschaft einzunehmen, falls KI für ihre Projekte infrage kommt. Wir wollen unsere Kund*innen kompetent beraten, wann sie MT am besten gezielt und sinnvoll einsetzen können (und wann nicht!). Dazu zählt auch, viele konkurrierende Faktoren zu berücksichtigen, um das beste Ergebnis zu erzielen. Denn jeder Fall ist anders. Auf der anderen Seite geht es auch darum, Erwartungen zu steuern, unsere Expertise und Erfahrung zu teilen und sicherzustellen, dass wir unsere Übersetzungskräfte auf diese Reise mitnehmen.
Wir sind der Meinung, dass wir unsere Beraterrolle nicht nur gegenüber unserer Kundschaft erfüllen sollten, sondern auch gegenüber unseren Sprachprofis. Letztendlich werden Sie trotz MT auch weiterhin – und dies höchstwahrscheinlich auch in Zukunft – gut ausgebildete Übersetzungskräfte brauchen, um optimale Ergebnisse zu erreichen. Möglicherweise sind Sie sogar auf weitergehende Fähigkeiten der Sprachprofis angewiesen, um sicherzustellen, dass diese mit den neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit MT ganz und gar vertraut sind. Beim Post-Editing übernehmen unsere Sprachprofis Übersetzung und Revision zugleich. Dazu müssen sie wissen, welche Fehler eine Maschine möglicherweise macht, die ein Mensch nicht machen würde. Ausserdem müssen sie selbstbewusst sein und erkennen, wann sie eingreifen und Änderungen vornehmen sollten und wann nicht. Das mag zwar offensichtlich klingen, ist es aber mitnichten. Um die besten Ergebnisse zu erzielen, müssen Sprachprofis dieser weiteren Dienstleistung offen und aufgeschlossen gegenüberstehen. Wir müssen unsere Freelancer deshalb ermutigen, sich auf das Post-Editieren von maschinellen Übersetzungen einzulassen, und ihnen zeigen, dass diese neue Fähigkeit genauso lohnend sein kann wie die herkömmliche Übersetzung. Nur so können wir guten Sprachprofis die Sorge nehmen, ersetzt zu werden. Menschliche Sprachfachkräfte werden immer gefragt sein. Die von uns geforderten Fähigkeiten werden sich aber angesichts der Anforderungen und Ansprüche der heutigen Zeit verändern.
Wie können wir dafür sorgen, dass unsere Sprachprofis diese Veränderungen annehmen und neuen Möglichkeiten offen gegenüberstehen (und sie auch als solche wahrnehmen)? Hier sind unsere drei Tipps, um für eine mitunter umstrittene neue Dienstleistung zu werben:
Begegnen Sie den Menschen mit Ehrlichkeit und Verständnis
Erkennen Sie an, dass ihre Bedenken real und berechtigt sind. Obwohl wir, wie oben erwähnt, der festen Überzeugung sind, dass menschliche Sprachfachkräfte auch mit dem Aufkommen von KI weiterhin eine wichtige Rolle in der Sprachdienstleistungsbranche spielen werden, ist es wichtig, ihre Sorgen in Bezug auf die Zukunft ihres geliebten Berufs nicht einfach abzutun. Wir hören zu, wenn sie Bedenken äussern oder beschliessen, dass sie das Post-Editing von maschinellen Übersetzungen noch nicht anbieten wollen, um ihr Auftragsvolumen an traditionellen Übersetzungen zu bewahren. Es ist nie von Vorteil, einer Person entgegen ihrer Überzeugung eine positive Meinung zu einem Thema aufzwingen zu wollen. Stattdessen versichern wir unseren Sprachprofis, dass auch wir Teil des Prozesses sind und unsere fachkundige Meinung dazu abgeben, ob sich Texte für Post-Editing eignen. So wissen sie, dass sie nur dann Post-Editing-Aufträge erhalten, wenn sie mithilfe der MT die bestmöglichen Ergebnisse erzielen können. Wir ermutigen sie auch, mehr über die Vorteile zu erfahren, die eine maschinelle Übersetzung ihnen bieten kann. So vermitteln wir ihnen, dass es mitnichten darum geht, sie zu ersetzen, sondern den Schwerpunkt ihrer Rolle zu verlagern. Eine ehrliche Kommunikation wirkt beruhigend und schafft Vertrauen. Mit diesem Vertrauen können wir diejenigen, die vielleicht noch zögern, ermutigen, sich mit der Zeit zu öffnen.
Der Debatte einen neuen Impuls verleihen
Wir nutzen ausserdem die Gelegenheit, unseren Sprachprofis eine andere Sichtweise aufzuzeigen – nämlich die, dass Post-Editing eine spannende und anspruchsvolle Aufgabe ist, die gemeistert werden will. Es mag andere Herausforderungen mit sich bringen als das traditionelle Übersetzen. Aber mehr darüber zu lernen, wie Maschinen übersetzen, und zu erkennen, dass man vielleicht sogar noch bessere Übersetzungsfähigkeiten haben muss, um die von den Maschinen produzierte Arbeit zu korrigieren und den dringend benötigten kreativen menschlichen Touch einzubringen, kann dazu beitragen, den Ehrgeiz der Sprachexpert*innen neu zu entfachen. Bei einigen kämpft der Kopf gegen das Herz: Sie wissen einerseits, dass dies der Weg ist, den die Branche einschlägt, und dass sie ihr Dienstleistungsangebot erweitern müssen; andererseits ist es nicht die Art von Arbeit, für die sie den Beruf ergriffen haben. Post-Editing erlaubt es ihnen nicht, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu liefern. Wenn wir unseren Sprachprofis dabei helfen, ihre Passion mit dem Post-Editing zu vereinen, wird dies einen Perspektivenwechsel bewirken und sie ermutigen, die Veränderungen nicht nur anzunehmen, sondern sie sogar aktiv zu suchen. Indem wir ihnen aufzeigen, dass die Bewältigung dieser neuen Herausforderungen spannend sein kann, weil sie das Erlernen neuer Fähigkeiten sowie die Anwendung und Optimierung bereits erworbener Fähigkeiten beinhaltet, können die Veränderungen in der Branche mit Interesse und Begeisterung aufgenommen werden.
Von Nahem erscheint vieles nur halb so wild
Die Angst vor dem Unbekannten ist eine natürliche menschliche Reaktion, die auch vor Sprachprofis, die Post-Editing anbieten, nicht Halt macht. Es ist leicht, sich Sorgen über die rasanten Fortschritte der Übersetzungstechnologien zu machen – vor allem, wenn man immer wieder gefragt wird, ob man fürchtet, ersetzt zu werden! Diesen Sorgen begegnet man am besten, indem man sich in diesem Bereich fortbildet, um genau zu wissen, womit man es zu tun hat. Dann kann man sich sicher sein, dass man seine eigenen Fähigkeiten parallel zur Entwicklung dieser Technologien ausbaut und Teil des Wandels sein kann. Wir ermutigen unsere Sprachprofis, Kurse zu besuchen und praktische Erfahrungen mit dem Post-Editing zu sammeln, um ihre Fertigkeiten zu verbessern, neue Kompetenzen zu erwerben und ein breiteres Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen der maschinellen Übersetzung zu entwickeln. So werden sie auch in dieser veränderten Welt ihren Platz finden. Wenn sie sich mit MT und Post-Editing vertraut machen, können sie deren Wert besser einschätzen und erkennen, dass sie nach wie vor gebraucht werden – und dass sie einen echten Mehrwert beisteuern können, anstatt durch sie ersetzt zu werden.
Was halten Sie von KI, MT und Post-Editing? Welche Schritte haben Sie unternommen, um die neuen Technologien optimal zu nutzen? Wir würden uns freuen, von Ihnen zu hören. Hinterlassen Sie uns einen Kommentar zu diesem Beitrag oder kontaktieren Sie uns, wenn Sie weitere Informationen zu diesem Thema wünschen.